News Nordstrasse

24.03.2021

50 Jahre Schulhaus Nordstrasse

«Es isch en Bau in rot und grau mit Hufe Liecht und Glas. Und grüe hets au, das sieht me gnau, denn hinedra wachst Gras. Die brune Bänk, de tüfblau Brunne und s Gold, das schenktüs gad no d Sunne. So gits es Bild us Farb und Tön. Jo, üses Schuelhus, das isch schön.»


«Es isch en Bau in rot und grau»

So hiess es dazumal (02.10.1971) im Amriswiler Anzeiger.

«Am vergangenen Samstag wurde …das neue Primarschulhaus an der Nordstrasse eingeweiht. Ungefähr 400 Personen waren von der durch Lehrer Pius Fleischer verfassten Baukantate begeistert.»

«Trotzdem die Einweihung für das neue Primarschulhaus bewusst in einem einfachen Rahmen gehalten wurde, ging männiglich mit der Gewissheit nach Hause, eine würdige und gut gelungene Feier erlebt zu haben. Der Hauptverdienst ging dabei auf das Konto von Pius Fleischer, der den Text und die Musik für eine Baukantate für 10 Schulklassen geschrieben hat. Ein Thema zu dieser Aufführung musste freilich nicht lange gesucht werden. Es war gegeben und es begann folglich mit Baulärm und dem Chor:

Zersch sind Erdarbeiter do.

S Planigsbüro chrampfed scho.

Murer bruchts au no dezue.

D Schlosser chömed nöd zur Rueh.

D Schriner schlönd viel Bretter a.

Und au d Lehrer sött me ha.

D Gärtner wönd scho Strücher pflanze.

D Putzequipe fangt a tanze.

Und zum Schluss mönd d Zügelmanne selbstverständlich au no ane.»

Soweit die ersten Zitate aus der Zeitung.

Die einzelnen Klassen führten mit den darzustellenden Berufen diese Kantate auf. Unsere Klasse musste zur Grossreinigung singen und putzen. Konnten wir den Text zum Putzequipen-Lied auswendig? Waren unsere gymnastischen Bewegungen mit Strupper, Kübel und Putzlappen einigermassen synchron? Und, ganz ohne Hintergedanken, hatten wir uns mit karierten Bodenlappen als Kopftuch und blauen Schürzen in Reinigungspersonal verwandelt. Und dann sangen wir:

«Putze und Fäge i Gäng und uf Stäge isch üsen edle Bruef. Wüsche und Pfläge by Sunne und Räge. Mir hend en guete Ruef.» Natürlich hatte unser Lied mehrere Strophen und wir fegten dazu was das Zeug hielt. Wahrscheinlich war nachher der Pausenplatz nie mehr so sauber.

Natürlich gab es auch den offiziellen Teil der Einweihung. Ganz Amriswil schaute schliesslich ins Unterdorf und nahm die Einweihung eines der modernsten Schulhäuser des Kantons zur Kenntnis. Unsere Mütter durften damals das erste Mal überhaupt mit abstimmen gehen. «Soviel Geld (fast 3 Millionen), aber schliesslich ist es für die Kinder», meinten sie. Es sprachen der Architekt Hansjörg Litscher, der Künstler des Brunnens Toni Frasson, der Schulpräsident Walter Schweizer und der Ortsvorsteher Emil Nägeli.

Was ist unsere Motivation für diesen Bericht?

In unseren Gesprächen in den Gängen, in den Pausen oder bei Team-Arbeiten sind wir immer wieder auf Spurensuche in unserer Vergangenheit. Erinnerungsfetzen tauchen auf. Im April vor 50 Jahren (Beginn des Schuljahres) überschritten wir gemeinsam die Schwelle des neuen Schulhauses. Vom ersten Schultag der 4. Klasse fühlten wir uns hier zu Hause. Wir hatten nicht nur das Vergnügen, den Unterricht bei Bruno Ullmann besuchen zu dürfen (wir waren 38 Kinder), sondern auch das Privileg, das in diesem neuen, sehr modernen Haus tun zu können. Wir waren beeindruckt. Alles war so neu, gross, hell. Die neue Turnhalle war riesig. Der Pausenplatz war unser Reich.

Und jetzt? Jetzt sind wir immer noch, oder wieder hier. Die Bedürfnisse haben sich geändert. Die Gänge sind dunkel, es fehlen Gruppenräume und Schulzimmer, der Pausenplatz braucht dringend mehr an Angeboten für Aktivitäten der Kinder, etc. Aber dieses Schulhaus lässt uns nicht los. Es hat Charme. Es ist wie die erste Liebe, sie bleibt ewig im Herzen drin.

Liebes Schulhaus Nordstrasse, wir freuen uns mit dir über dein goldenes Jubiläum!

Wir waren und sind beileibe nicht die einzigen Schülerinnen und Schüler, die Freude an diesem tollen Haus hatten. Nachfolgend veröffentlichen wir nochmals einige Zitate aus dem Jahr 1971. Leider kennen wir die Namen der Kinder nicht. Vielleicht aber erkennt sich jemand wieder. Dann würde es uns freuen, von dir zu hören.

«Unser Schulhaus gefällt mir sehr gut. Eines ist zwar dumm. Innen kann man nicht an die Wand kommen, ohne dass man nachher einen weissen Striemen hat. Und es riecht nach feuchtem Beton» D.M.

«Wenn man auf dem neuen Schulhausplatz steht, sieht man ein schönes Gebäude. Nur die, die jede Woche hineingehen müssen, hassen diesen Bau ein wenig. Das Schulhaus steht auf einer Betonplatte. Die Fenster sind rot. Die grauen Platten aussen an der Wand sind aus Waschbeton. An der Nordstrasse sind schon Grabsteine befestigt.» D. Sch.

«Ja, das neue Schulhaus sieht schon etwas lustig aus! Es gleicht eher einem Bunker oder einem Steinhaus der Pueblo-Indianer als einem Schulhaus.» P.M.

«Dieses Schulhaus ist das neueste im ganzen Kanton Thurgau. Das Schulhaus gegenüber wird renoviert, sonst verdirbt es die ganze Anlage, und das wäre schade für Gross und Klein.» H.Oe.

«Jetzt ist das Schulhaus schon fast fertig. Nur ein paar Arbeiter und Gärtner streichen um das Schulhaus herum. Eine Seite sinkt langsam aber sicher ab. Vielleicht kommt einmal in 1000 Jahren auf einmal in Neuseeland ein Schulhaus hervor. Die Schulhauseinweihung kommt auch ein halbes Jahr verspätet.» G.H.

 

Maja Bertet-Svec und Rita Kyburz-Neukom

1971-1974 Schülerinnen der Nordstrasse