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08.12.2015

Erziehung ist überall anders

Zehn Frauen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen trafen sich im Eltern-Kind-Zentrum in Amriswil zum «Deutschchnöpflitreff». Sie diskutierten über das Thema Streit und wie man damit umgeht.


Sarah Schütz (Schweiz), Malaké El Haj (Libanon), Mirije Sakiri (Albanien) und Sibel Cöteloglu (Türkei) diskutieren über das Thema Streit. (Bild: Luisa Gomringer)

Bericht Tagblatt Online: 08.12.2015 - Luisa Gomringer

Das Video wird abgespielt. Es trägt den Titel «Das ist meins!». Während der Vater in aller Ruhe im Garten arbeitet, hört er seine zwei Kinder im Haus heftig über einen Gegenstand streiten. Dann stoppt der Film, und die Moderatorin von «Femmes Tische», Sibel Cöteloglu fragt in die Runde von zehn Frauen, wie es jetzt weitergehen könnte mit der Situation. Die Frauen haben sich im Eltern-Kind-Zentrum (Ekidz) zu einer Diskussion auf Hochdeutsch über das Thema Streit getroffen. Gemeinsam probieren sie Fragen zu beantworten. Fragen wie: «Warum streiten wir? Was lernen Kinder, wenn sie streiten? Wann soll ich eingreifen?».

Andere Länder, andere Sitten

Der «Deutschchnöpflitreff» fand bereits zum dritten Mal statt. Die Runde ist jedesmal kunterbunt. Die Mütter kommen aus Libanon, Australien, der Türkei, Albanien, der Schweiz und Deutschland. Gemeinsam diskutieren sie über Erziehungsthemen und stossen hin und wieder einmal auf spannende kulturelle Unterschiede.

Eine Türkin erzählt, dass in ihrer Kultur die Kinder oft alles bekommen, was sie wollen, da die Eltern ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen haben, weil sie viel arbeiten. Sie findet es toll, dass die Erziehung in der Schweiz anders aussieht. Eine Schweizerin jedoch würde sich für viele Familien das Temperament von Südländern wünschen, für die es normal ist, auch mal zu streiten. Ihr Partner weicht dem oft aus.

Sie fühlen sich verstanden

Die Mütter sind froh über den Nachmittag und fühlen sich hier verstanden. «Ich sehe, dass es uns allen gleich geht, und das erleichtert mich», sagt eine Schweizerin. Alle Mütter in der Runde kommen zu dem Entschluss, dass Streiten gesund sei und es einen stärke. Der Vorstand des Ekidz spürte, dass ein Bedarf für solche Treffen vorhanden war und organisierte deshalb den Deutschchnöpflitreff. «Wir haben viele Mütter, die aus Deutschland oder anderen Ländern zugezogen sind. Alle haben am Anfang grosse Mühe mit dem Schweizerdeutsch», sagt Beata Schmid. Sie erinnert sich an ihre ersten Jahre in der Schweiz: « Ich weiss ja noch, wie viel Mühe ich hatte, als ich vor drei Jahren aus Deutschland hierher kam. Leider gab es damals das Angebot noch nicht.»

Zusätzliche Treffs

Wenn die Femmes-Tische-Runden im Ekidz weiter so gut besucht werden, denkt der Ekidz-Vorstand über einen zweiten Deutschknöpflitreff-Termin im Monat nach. «Voraussetzung ist, dass wir genügend ehrenamtliche Helfer für die Mütter- und Kinderbetreuung finden», sagt Beata Schmid.