News Sekundarschule Grenzstrasse

15.09.2018

Grenzerfahrungen im Schullager

Ein spezielles Klassenlager führte die Klasse G 2b der Amriswiler Sekundarschule Grenzstrasse durch. Sie wanderte auf dem Jakobsweg von Rorschach nach Brunnen SZ. Klassenlehrer Stefan Klocker erzählt von den Leiden und Freuden dieses Projektes.


Kurz vor dem Ziel in Brunnen macht die Klasse von Stefan Klocker nochmals eine Pause. (Bild: PD)

Bericht: Thurgauerzeitung online, 15.09.2018 - Manuel Nagel

Stefan Klocker, Sie sind letzte Woche von Montag bis Freitag mit Ihrer Klasse vom Bodensee zum Vierwaldstättersee gewandert (siehe «Thurgauer Zeitung» vom 1. September). Lief alles, beziehungsweise liefen alle gut?

Ja, es ist alles gut verlaufen, im Wesentlichen nach Plan. Das Wetter hat mitgespielt, wir hatten keine gröberen Zwischenfälle und durchwegs gute Stimmung. Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf des Lagers.

Die erste Etappe am Montag führte von Rorschach nach Herisau. Wie verlief der Start?

Bereits am ersten Tag hat sich gezeigt, dass die Planung recht ambitioniert war. Aber ich musste mich auch am Ziel Vierwaldstättersee und an möglichen Unterkünften orientieren. Die Planung war also nicht ganz einfach. Bereits am ersten Tag haben wir viel länger für die 23 Kilometer gebraucht als geplant. Wir waren bei den Übungsläufen ohne Gepäck unterwegs. Dieses fiel stärker ins Gewicht als gedacht.

Liefen alle stets zusammen?

Nach der Mittagspause in St. Gallen haben wir die Klasse geteilt. Die erste Gruppe kam um 17.15 Uhr an und ging einkaufen. Die zweite Gruppe war um 19 Uhr in Herisau. Abendessen gab es um 21.15 Uhr – und danach musste noch die Küche geputzt werden. Ein Aufsteller für mich an diesem Abend war die gute Stimmung sowie Schüler, die für alles Verständnis haben und mitarbeiten. Zwei haben sich sogar freiwillig gemeldet, um beim Aufräumen in der Küche zu helfen.

Tag 2 war ja dann die längste Etappe auf ihrer Wanderung. Sie rechneten damit, einige müssten eine Teilstrecke per Bus fahren. Wie viele haben schliesslich effektiv das Postauto genommen?

Am nächsten Morgen konnten wir erst um 10 Uhr starten. Verzögert wurde der Abmarsch auch durch die Arbeit von Tele Ostschweiz, welches uns am Dienstag begleitete. So wurde klar, dass nur eine kleine Gruppe die ganzen 27 Kilometer in Angriff nehmen würde. Acht Schüler mussten den Bus nehmen, die übrigen zehn durften selber in der Hälfte des Weges nahe Schwellbrunn entscheiden. Drei kamen mit mir mit, einer musste wegen Fussbrennen in St. Peterzell doch aufgeben. Mit einem Schüler und einer Schülerin – die beiden sind dann auch tatsächlich die ganzen 116 Kilometer gelaufen – habe ich es bis 20 Uhr ins Ziel nahe beim Rickenpass geschafft. Ich persönlich war bei der Ankunft ziemlich «uf de Schnorre». Die Planung war sicher zu ambitioniert.

Dann sind also nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch Sie an ihre Grenzen gekommen?

An die Grenzen sind alle gekommen, mental und körperlich. Die Schülerinnen und Schüler haben aber in dieser Woche dazu gelernt, mit solchen Grenzerfahrungen umzugehen. Sie haben gelernt, sich und ihre Mitstreiter immer wieder zu motivieren, sich mental und körperlich besser einzuschätzen, mit Schmerzen umzugehen, durchzubeissen. Sie mussten mit wenig zum Leben auskommen, erfreuten sich an den kleinen Dingen des Alltags und haben gelernt, Ziele den Umständen entsprechend anzupassen – und nicht einfach aufzugeben und alles hinzuwerfen.

Welche Schwierigkeiten gab es auf der Reise? Gab es heikle Momente, die Sie vielleicht nicht vorhergesehen haben?

Grundsätzlich ist die Woche verlaufen wie geplant. Der letzte Tag war eine Herausforderung. Mehrere Probleme kamen zusammen: ein Schüler war krank, es regnete, und es war klar, dass nicht alle über den Haggenegg-Pass gehen können. So wurde die Gruppe erneut geteilt. Vier Schüler und ich starteten zur Haggenegg, bei Regen, Wind und Kälte. Die anderen starteten später auf dem Wanderweg 3 nach Rothenthurm, kamen ebenfalls in den Regen, wurden total nass und fuhren danach mit dem Zug nach Schwyz. Dort liefen sie den Weg zurück zu einer Kapelle und stiessen wieder auf die Gruppe vom Haggenegg-Pass kommend. Das letzte Stück liefen wir dann zusammen.

Erzählen Sie von der Ankunft am Freitagabend in Brunnen. Was lief da ab?

Diese letzten acht Kilometer sind wir bei schönstem Sonnenschein sehr zügig gelaufen. Beim Kloster Ingenbohl haben wir noch einmal gebremst und auf die letzten gewartet, danach liefen wir in der Gruppe den letzen knappen Kilometer. Die Ankunft am See war dann speziell. Fünf Schülerinnen und Schüler sprangen in den See, wir übergaben das Bodenseewasser, welches wir in einer kleinen Flasche mitgetragen haben, dem Vierwaldstättersee und genossen den Augenblick.

Was war das schönste Erlebnis für Sie auf dieser Reise?

Es ist schwierig, ein Erlebnis auszuwählen. Es ist ein Konglomerat an Eindrücken und Erlebnissen: die positive Stimmung während der Woche, die vielen guten Gespräche, der Teamgeist, der tägliche Kampf der Schülerinnen und Schüler – und damit verbunden deren umso grössere Zufriedenheit über ihre erbrachte Leistung. Besonders freut es mich zu sehen, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, denen diese Leistung offensichtlich gut getan hat. Sehr gefreut habe ich mich aber auch über die vielen Zusprüche. Ein tolles Erlebnis hatten wir am Dienstag. In Wattwil wurden wir von einer dortigen Lehrerin mit Glace empfangen. Sie hat von unserem Projekt auf Instagram erfahren und uns kontaktiert.

Und was war für Ihre Klasse besonders eindrücklich?

Die Schülerinnen und Schüler können sich nicht so einfach auf ein Erlebnis als das schönste einigen. Die meisten nennen aber das gemeinsame Ankommen am Ziel als Höhepunkt des Lagers. Auch das Schlafen im Heu war für viele trotz anfänglicher Skepsis ein positives Erlebnis.

Am Montag hat die Schule wieder begonnen. War das Wanderlager noch Thema unter den Schülern? Wie waren deren Reaktionen?

Ja, das Lager war natürlich noch Thema. Alle wollten wissen, wie es war. Auch bei uns in der Klasse kommen wir immer wieder darauf zurück. Ich denke, es wird noch lange nachwirken. Es gibt viele gemeinsame Erlebnisse und an manches werden wir uns sehr lange erinnern. Auch die Rückmeldungen einzelner Eltern sind sehr positiv.

Welches Fazit ziehen Sie von dieser Woche?

Im Zentrum dieses Lagers stand eine grosse sportliche Herausforderung und eine persönliche Leistung – und nicht wie sonst oft der Konsum. Die Jugendlichen konnten nicht nur fordern, sie musste vor allem liefern. Jeden Tag mussten sie Leistung erbringen. Wir haben in dieser Woche sehr viel Spass gehabt und die Schülerinnen und Schüler haben durch diese täglichen Grenzerfahrungen sehr viel gelernt.

Dann würden Sie also ein Wanderlager in dieser Form wieder durchführen?

Ja, sofort. Ich würde das Training gegebenenfalls intensivieren und vielleicht schauen, ob wir für die gleiche Strecke sechs statt nur fünf Tage zur Verfügung bekommen könnten. Aber einer Herausforderung – in dieser oder ähnlicher Form – würde ich mich sofort wieder mit einer Klasse stellen.