News Sekundarschule Egelmoos

06.01.2022

Selektionstraining für die Volleyballschule

Die Volley Amriswil Academy führt am Mittwoch ihr Selektionstraining durch. Vorkenntnisse braucht es aber nicht. Volleyballtalente, die diese Selektion bestehen, treten im Sommer in die Sekundarschule Egelmoos ein und besuchen parallel dazu die Volleyballtrainings in der Volley Amriswil Academy.


Selektionstraining 2021

Manuel Nagel, Thurgauer Zeitung vom 6.1.2022. 

Tom Schnegg, am 12.Januar findet das Selektionstraining für die Academy statt. Was passiert da genau?

Die Kinder sind etwa drei Stunden bei uns. Sie werden vermessen, sie absolvieren Linienläufe, ihre Sprungkraft wird ermittelt, ihre Geschicklichkeit. Wir machen eigentlich ganz viel. Man kann sagen, ausser Volleyball spielen machen wir alles.

Aber Sie suchen doch Volleyballerinnen und Volleyballer für ihren Verein, oder nicht?
Ja, aber wir suchen Mädchen und Buben, die gute Voraussetzungen haben. Nebst den genetischen Voraussetzungen und den koordinativen Fähigkeiten braucht es auch Wille. Mindestens zwei dieser drei Kriterien muss man erfüllen, um in unsere Academy zu kommen.

Man muss also gar nicht zwingend Volleyball spielen können, um in die Academy aufgenommen zu werden
Genau. Unsere Trainer sagen, es sei besser, noch nicht Volleyball gespielt zu haben, als etwas Falsches antrainiert zu haben.

Die Interessenten kommen im Sommer in die Oberstufe. Kann man da noch aufholen?
Wir hatten vor einigen Jahren Zwillingsbrüder. Sie waren gute Kunstturner aus dem Rheintal, sehr polysportiv aufgewachsen, aber nie Volleyball gespielt. Sie brachten den Service nicht über das Netz. Nach einem Jahr in der Academy holten sie sich an den Schweizer Beachvolleyballmeisterschaften die Bronzemedaille und haben andere überholt, die schon seit fünf Jahren im Verein gespielt hatten.

Sind solche Talente eher die Ausnahme?
Nein. Ein Mädchen aus Roggwil kam als Leichtathletin zu uns. Sie konnte keine Manschette spielen, aber sie brachte gute Fähigkeiten mit. Nun spielt sie als 20-Jährige an einer Uni in Florida dank eines Stipendiums.

Wie viele Kinder haben sich bis jetzt für das Selektionstraining angemeldet?
Nicht so viele, wie wir gerne hätten. Aktuell sind es 16. Vor allem Girls. Elf Mädchen und fünf Jungs. Wir hoffen, es kommt in den nächsten Tagen noch eine Handvoll hinzu. Normalerweise sind es jeweils etwa 20 Kinder.

Wie viele von ihnen erhalten einen Platz in der Academy?
Wir haben keinen Numerus clausus. Haben wir mal in einem Jahrgang 20 Kinder, dann finden wir eine Lösung. Wenn es nur zwei sind, sind es halt nur zwei. Normalerweise erfüllen acht bis zehn Kinder pro Jahrgang unsere Selektionskriterien. In den aktuellen drei Jahrgängen haben wir 25 Mädchen und Buben.

Aber letztlich suchen Sie doch Spieler für Ihr Aushängeschild, das NLA-Team. Wie viele schaffen den Sprung ganz nach oben?
Wenn wir pro Jahr zehn Kinder im Schnitt haben, wird es etwa alle zwei, drei Jahre jemand zu uns in die NLA schaffen.

Lohnt sich für den Verein dieser Aufwand, den er mit der Academy betreibt?
Wir werden nie einen Franken damit verdienen. Selbst wenn jemand in die Nationalmannschaft kommt, so ist das finanziell völlig uninteressant. Man kann das nicht vergleichen mit dem Fussball. Uns kostet jedes Kind etwas. Aber als Klub mit unserer Grösse und Professionalität sind wir es dem Volleyballsport und der Region schuldig, dass wir für den Nachwuchs etwas Gutes machen.

Mit welchem Budget kann Ihre Academy operieren?
Wir haben rund 100000 Franken zur Verfügung, was vorwiegend für Trainerhonorare eingesetzt wird. Die Hälfte wird finanziert durch Elternbeiträge. Das sind 2000 Franken Ausbildungsgebühr pro Kind und Jahr. Etwa ein Viertel machen Unterstützungsbeiträge von Sporttoto und Swiss Volley aus, der Rest sind Sponsorenbeiträge.

Früher bezahlte Swiss Volley aber einen grösseren Teil.
Gelder für das Projekt erhalten wir nicht mehr. Wir sind vor eineinhalb Jahren zurückgestuft worden. Aus der Swiss Volley Talent School wurde die Volley Amriswil Academy. Nun gibt es nationale Leistungszentren nur noch in Aarau und Jona für Herren, und in Aarau und Zürich für Damen. Wir sind ein regionales Gefäss, aber wir erhalten Förderbeiträge für unsere beiden Profitrainer Aleksandar Ljubicic und Matevž Kamnik.

Weshalb die Zurückstufung?
Man konnte sich bewerben, um ein nationales Zentrum zu werden. Die Bedingungen entsprachen aber nicht dem, was uns wichtig ist. Wir wollen weiterhin Jungs und Mädchen fördern, was aber so nicht mehr vorgesehen ist. Wir wussten bereits im Vorfeld, dass unser Projekt deshalb wohl keine Chance hat.

Gab es weitere Bedingungen von Swiss Volley, die für Sie nicht gepasst haben?
Ein Beispiel: Ramon Diem ist ja mit 19 Jahren immer noch in der Academy. Er hat aber nicht nur den Sprung ins NLA-Team, sondern sogar in die Nationalmannschaft geschafft. Das wäre mit dem neuen Konzept nicht mehr möglich gewesen. Da müssen alle Jungs zusammen in einem 1.-Liga-Team spielen. Zwar ein cooles Projekt, aber das passt in letzter Konsequenz nicht zu uns.

Für die Reputation Ihrer Academy spielt die Zurückstufung also keine Rolle?
Wir messen uns primär daran, wie viele unserer Spieler im Juniorennationalkader sind. Das ist unser Gradmesser, da sind wir mehr als auf Kurs. Wir sind der Herausforderer und versuchen, mehr Jungs gut herauszubringen als es Jona und Aarau tun. In der Juniorennati sind von sechs Spielern zwei aus Amriswil und Leistungsträger. Da haben wir natürlich den Plausch.

Aleksandar Ljubicic schloss Mitte Dezember die Berufstrainierausbildung (BTA) ab. Was bringt das der Academy und auch dem Verein? Kann er so einst NLA-Trainer sein?
Die meisten NLA-Trainer haben diese Ausbildung wohl nicht, weil man sie auch nicht braucht. Die meisten sind also nicht so gut ausgebildet wie unsere beiden Trainer. Ich bin überzeugt, dass Aleks die Möglichkeit hätte, ein NLA-Team zu coachen, aber es ist nicht das, was ihn interessiert. Er fühlt sich wohl im Nachwuchs, ist ein Ausbildner.

Woher kommen eigentlich die Mädchen und Buben der Volley Amriswil Academy?
Die eine Hälfte kommt aus dem Gebiet der Volksschulgemeinde Amriswil-Hefenhofen-Sommeri. Die andere Hälfte sind Auswärtige. Plus minus was man innert einer Stunde mit dem ÖV erreicht. Wir haben aktuell zwei Jungs aus dem Rheintal, ein Mädchen kommt aus Büsingen.

Aus Deutschland? Geht das?
Für uns als Volley Amriswil Academy spielt das keine Rolle, für die Schulgelder hingegen schon. Diese müssen natürlich fliessen.

Gibt es dabei auch Probleme?
Wir hatten schon Jugendliche aus Winterthur, aber der Kanton Zürich tut sich schwer, und die Stadt St.Gallen – nicht der Kanton – ist eine Katastrophe. Wir hatten schon sehr talentierte Kinder, die kommen wollten, aber die Stadt sagt generell nein, weil sie selber eine Sportschule habe. Es gibt jedoch niemanden, der die Kinder trainiert, wenn sie von der Schule befreit sind.

Gibt es noch weitere solcher Hürden und Stolpersteine?
Höchstens, wenn ausserkantonale Kinder gewisse Eignungskriterien von Swiss Olympic nicht erfüllen. So hatte Ramon Diem für kurze Zeit diese Kriterien nicht mehr erfüllt, nur weil er zu wenig gross ist. Wäre er kein Thurgauer, sondern etwa aus Muolen gewesen, hätte er bei uns nicht mehr trainieren können, weil er angeblich kein Talent gewesen wäre. Das war etwa zwei Jahre, bevor er bei uns in der NLA spielte. Das zeigt die Schwächen dieser Kriterien.

Wie funktioniert das genau mit diesen Kriterien?
Es gibt jährlich eine Sichtung. Da wird man vermessen: Grösse, Sprungkraft, Spannweite der Arme, aber auch die Grösse der Eltern spielt eine Rolle. Insgesamt fast zwei Dutzend Kriterien. Aber Fakt ist, dass man als Sechst- oder Siebtklässler rund die Hälfte aller Punkte durch die Grösse holt. Ist einer besonders gross, muss er, überspitzt gesagt, eigentlich nichts können, um auf der Liste der Besten zu sein

Wie wichtig ist der Erfolg eines Amriswiler Eigengewächses wie Ramon Diem, der jetzt Nationalspieler ist?
Extrem wichtig, denn wir wollen, dass die Kinder von einer solchen Karriere träumen, obwohl gerade bei uns in Amriswil die Hürde sehr hoch ist, um es bis ins NLA-Team zu schaffen. Aber das Beispiel Ramon Diem zeigt: Es ist dennoch möglich.