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17.05.2016

Zur Schule, wenn alle anderen frei haben

Für neun Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse ist der Mittwochnachmittag nicht einfach frei wie für alle anderen. Freiwillig drücken sie die Schulbank in der Sekundarschule Egelmoos, um das begehrte Cambridge "First-for-Schools"-Zertifikat zu erhalten.


Englischlehrer Marcus Schmidt betreut die Kursteilnehmer intensiv.

Bericht und Bild: Manuel Nagel

Heute Mittwochnachmittag sind alle Schulhäuser der Volksschulgemeinde Amriswil-Hefenhofen-Sommeri verwaist. Die einen besuchen das Fussballtraining, andere gehen in die Klavierstunde, und viele machen einfach mit den Kollegen ab.

Nicht so die neun Teenager der Sekundarschulen Egelmoos und Grenzstrasse. Für sie heisst es um 13.45 Uhr "Good afternoon Ladies and Gentlemen!"

Keine Probleme mit Disziplin

Kursleiter Marcus Schmidt empfängt die jungen vier Damen und fünf Herren im Zeichensaal der Sekundarschule Egelmoos. Schmidt ist Englischlehrer in Hemmerswil, Mühlebach und Sonnenberg, wo er für gewöhnlich Unter- und Mittelstufe unterrichtet.

Nur am Mittwochnachmittag, da hat er es mit jungen Menschen in der Pubertät zu tun. Doch Disziplinprobleme gibt es keine. "Wir sind hier sehr strikt», stellt Marcus Schmidt klar. "Die erste disziplinarische Verwarnung wird noch an die Klassenlehrperson weitergeleitet, bei der zweiten Verwarnung wird man vom Kurs ausgeschlossen."

Die Tante als Antrieb

Das will keiner der Schüler riskieren, denn alle streben sie das "First-for-Schools"-Zertifikat der renommierten Universität Cambridge an, das dritthöchste nach Proficiency und Advanced.

"Es ist ein Freifach mit Hand und Fuss", erklärt Marcus Schmidt. Den meisten Eltern sei das First-Certificate ein Begriff, weil es weltweit anerkannt ist.

Für Silvio Santapaola aus der Klasse E3b gab dessen Tante den Ausschlag, diesen Kurs zu besuchen. "Sie hat einen Sprachaufenthalt in Irland und Kanada gemacht und geschwärmt, wie wichtig so ein Zertifikat sei", sagt der 15-Jährige und gibt freimütig zu: "Für's Französisch würde ich aber nicht meinen freien Mittwochnachmittag opfern."

Kurs und Lehrmittel kostenlos

Die neun Freiwilligen müssen jedoch nicht nur ihre kostbare Freizeit hergeben, sie bekommen auch einen Gegenwert. Der ganze Vorbereitungskurs ist kostenlos, und auch die Lehrmittel werden von der Volksschulgemeinde gratis zur Verfügung gestellt. Lediglich die Prüfungskosten von 350 Franken müssen die Eltern beisteuern.

Spezifische Vorbereitung

Zugelassen zu diesem Pilotprojekt wurden nur Schüler, die im Englisch gute Noten vorweisen konnten. Heute findet die viertletzte von zehn Doppellektionen des Kurses statt, bevor die Schüler am 11. Juni für die Prüfung nach St.Gallen reisen – und hoffentlich bestehen werden.

Dazu werden sie von Marcus Schmidt intensiv und spezifisch auf die vier verschiedenen Teilbereiche Reading (Lesen), Writing (Schreiben), Listening (Hörverständnis) und Speaking (Sprechen) vorbereitet.

"Wir haben zum Beispiel das Lied 'Umbrella' von Rihanna angeschaut", erklärt Schmidt. "Die Schüler trainieren so das Listening. Dabei gibt es Gelegenheit für Sprechanlässe und wir können die Satzstrukturen analysieren." So machen auch vermeintlich trockene Grammatikübungen Spass.